Preisträger 2020

Hubert Blank

Mit dem Schmidt-Futterer Preis 2020 hat der Deutsche Mietgerichtstag sein Gründungsmitglied und langjähriges Vorstands- und Beiratsmitglied Hubert Blank für seine herausragenden Verdienste um das deutsche Mietrecht geehrt. Der Preis sollte auf dem Mietgerichtstag öffentlich verliehen werden. Leider ist Hubert Blank vorher am 9.3.2020 gestorben. Bei einem Krankenbesuch hat der Vorstand ihn von der beabsichtigten Preisverleihung berichtet. Er hat sich hierüber sehr gefreut. Die Laudatio von Elmar Streyl zur Preisverleihung wurde in NZM 2020, 302 veröffentlicht:

 

"Was für ein schöner und was für trauriger Anlass! Mit dem Schmidt-Futterer-Preis ehrt der Deutsche Mietgerichtstag Richter am Landgericht a. D. Hubert Blank für sein wissenschaftliches Lebenswerk geehrt. Gerne hätten wir ihm diese Auszeichnung persönlich übergeben, wie es lange geplant war. Leider ist Hubert Blank am 9.3.2020 gestorben. Die Ehrung haben wir ihm dennoch posthum zu Teil werden lassen. Denn:

 

Wer hätte diesen Preis mehr verdient als Hubert Blank? 

 

Einen Maßstab für die Bedeutung seines Werkes kann man nur bei den Größten finden. Bei einem ernsthaften Juristen wie Hubert Blank drängt sich ein Vergleich mit Musikern nicht unbedingt auf, aber dennoch möchte ich eine Parallele zu den Beatles wagen: Für das Mietrecht ist Hubert Blank wie einer der Beatles für die Popmusik. 

 

Dabei war er natürlich nicht Ringo (dessen Bedeutung allerdings oftmals unterschätzt wird). Wer ihn kannte, weiß, dass er auch nicht der eher süßliche Paul war. Nein, er hatte die angenehm zurückhaltende Persönlichkeit von George und die intellektuelle Kraft von John. 

 

Möglicherweise würde dem musikalischen Geschmack von Hubert Blank eher ein Vergleich mit Beethoven entsprochen haben. Das wäre sicher auch nicht unangemessen, würde aber etwas zu kurz greifen. Die Klassik ist eher eine Musik der bessergestellten Minderheiten, die Musik des Gesellschafts- und Bankrechts sozusagen; die Popmusik hingegen bewegt die mietende Mehrheit.

 

Man kann die Bedeutung von Herrn Blank auch handfester verdeutlichen. Der Schmidt-Futterer ist sicher der bedeutendste mietrechtliche Kommentar. Schon allein im Umfang ist er ein Schwergewicht, ein Großkommentar eben. Wenn man die von ihm bearbeiteten Teile herausnähme, dann fehlte fast ein Drittel des Werks. Seinen weiteren Kommentar, den Blank/Börstinghaus, hat er bis auf die Mieterhöhungsvorschriften vollständig allein geschrieben. 

 

Man kann deshalb mit Fug und Recht sagen: Er beherrschte das Mietrecht in seiner ganzen Breite. Er hatte es vollständig durchdrungen, er kannte die wechselseitigen Bezüge und seine Geschichte. Noch wichtiger: Er wusste nicht nur (fast) alles, er verstand es! Er war ein Universalgelehrter des Mietrechts, wie es in der Vergangenheit nur ganz wenige gab und in Zukunft wohl gar nicht mehr geben wird.

 

Wer wollte das bestreiten, der schon einmal an einem Mietgerichtstag teilgenommen hat. Er saß immer vorne links in der ersten Reihe und hörte scheinbar unbewegt zu. Das täuschte aber. Oft meldete er sich in der Diskussion zu Wort und brachte seine Anmerkung mit ungeheurer Klarheit und Präzision vor. Dann setzte er sich wieder und gut war es. Welch ein wohltuender Unterschied zu manchen ausschweifenden Diskussionsbeiträgen anderer, auch meiner eigenen. Ich habe ihn immer um diese Fähigkeit, auf den Punkt zu kommen, beneidet.

 

So wie er sprach, schrieb er auch: Klar und präzise, mit ungeheurer intellektueller Kraft. Eine solche Kraft kann man nur aufbringen, wenn man im besten Sinn ein unabhängiger Geist ist. Hierzu braucht der Verstand die richtige Persönlichkeit. Ich würde Herrn Blank als eher nüchtern und introvertiert bezeichnen. Diese Nüchternheit bewirkt eine rationale, sachorientierte Herangehensweise, die meist zu ausgewogeneren Ergebnissen führt als eine interessengesteuerte Sicht. Diese Nüchternheit besagt aber nicht, dass er ein kühler Rechtstechnokrat war. Im Gegenteil, er war sich der sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Mietrechts hochbewusst. Er verarbeitete dieses Bewusstsein aber wissenschaftlich sehr differenziert und normangemessen.

 

Wenn ich Herrn Blank als nüchtern bezeichnet habe, so ist das natürlich eine arge Verkürzung seiner Persönlichkeit. Von seinem Innersten gab er zwar wenig Preis. Aber wer einmal erlebt hat, wie er sein Gegenüber zur Begrüßung anlächelte, der weiß, dass er ein durch und durch freundlicher Mensch war.

 

Und er war bescheiden. Sein Hauptwerk ist der Schmidt-Futterer. An diesem von Wolfgang Schmidt-Futterer begründeten Werk hat er von der ersten Auflage im Jahr 1974 an mitgearbeitet. Das sind bis heute über 45 Jahre! Als Wolfgang Schmidt-Futterer 1978 starb und Herr Blank den Kommentar zunächst allein weiterführte, nannte er ihn nicht etwa nach ihm selbst um, er hielt vielmehr seinen mietrechtlichen Ziehvater in Ehren und bewahrte ihm ein Andenken.

 

Für Freundlichkeit und Bescheidenheit bekommt man allerdings keinen Schmidt-Futterer-Preis und auch nicht für Verstand an sich. Man muss auch etwas daraus gemacht haben. Und das hat Hubert Blank wahrlich getan. Seine beeindruckenden Kommentierungen habe ich schon erwähnt. Genauso beeindruckend ist die Liste seiner Aufsätze. Im Jahr 2006 waren in ihr 63 Beiträge (ohne Urteilsanmerkungen) aufgeführt. Seitdem sind fast 15 Jahre vergangen, die Zahl ist erheblich gestiegen. Sein jüngster Beitrag erschien im Februar 2020 in der ZMR und befasst sich mit der Kündigung wegen Pflichtverletzungen des Mieters. Aber die Liste der Veröffentlichungen ist nicht nur lang, sie ist auch gehaltvoll. Seine Beiträge erschöpften sich nicht in Rechtsprechungsberichten oder sonstigen Wasserstandsmeldungen, nein, sie brachten Wissenschaft und Praxis voran. Als Autor war er immer pünktlich und schnell und am Puls der Zeit.

 

Warum erwähne ich ein Werkverzeichnis aus dem Jahr 2006? In diesem Jahr ist Hubert Blank zu seinem 65. Geburtstag eine fast 800 Seiten starke Festschrift gewidmet worden, der Beck-Verlag hat sie veröffentlicht. So etwas steht jedem Hochschulprofessor gut an, für einen Richter am Landgericht ist es eine nie dagewesene Ehrung, die die Bedeutung von Herrn Blank einmal mehr verdeutlicht. Außerdem hat ihm die NZM, deren Gründungsherausgeber er war, zum 70. Geburtstag ein Festheft gewidmet.

 

Das Alles ist Grund genug, Hubert Blank mit dem Schmidt-Futterer-Preis des Deutschen Mietgerichtstages auszuzeichnen. Er prägte und prägt die alltägliche Beratungs- und Gerichtspraxis für Millionen von Mietern und Vermietern wie kaum ein anderer. Und kaum jemand hat die wissenschaftlichen Diskussionen mehr beeinflusst als er, der auch Gründungsmitglied dieses Mietgerichtstages war und seitdem in Vorstand bzw. Beirat mitwirkte. In dieser Funktion erkannte er die relevanten Themen mit großer Treffsicherheit und formulierte sie für uns alle.

 

Kurz: Es gibt viele gute und wichtige Mietrechtler. Wenn es sie aber alle nicht gäbe, wäre das Mietrecht dennoch allein bei Hubert Blank in guten Händen gewesen. Er wird uns sehr fehlen!"