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Bericht vom Mietgerichtstag

 

In Heft 18 der NZM ("NZM Info") erschien ein Bericht vom diesjährigen Mietgerichtstag am 10. bis 12. September, den wir hier mit freundlicher Genehmigung des Beck-Verlags wiedergeben.

   

DMT im „Corona-Hybrid-Modus“

 

Eines vorweg: Die Entscheidung des DMT-Vorstands, den traditionsgemäß im Frühjahr stattfindenden Deutschen Mietgerichtstag in den Herbst zu ver- und mit der traditionellen „Herbstveranstaltung“ des DMT zusammenzulegen, war goldrichtig (s. dazu NZM-info Heft 13/2020, V). Die Pandemie ist zwar nicht verschwunden, aber man kann jetzt besser mit ihr umgehen, jedenfalls wenn man, ganz (mutiger) Trägerverein, eine Veranstaltung dieses Formats – abstandsgebots- und hygienetechnisch eingehegt – stemmen will. Und sie als „Hybrid“ anbietet: Präsent oder online zu verfolgen ...

 

Für das Kongresszentrum Westfalenhallen erhalte ich eine fürsorgliche E-Mail des Vorstands, was mir persönlich den Weg über das aufwändige Anmeldeverfahren zu nehmen erspart. Für jeden Tagungstag gesondert ist ein personalisiertes Ticket, auch „Eintrittskarte!“ genannt, auf weißes Papier auszudrucken. Das ausgedruckte DIN A4-Blatt ist sodann gemäß Faltmarkierungen („1. Faltmarkierung“ [in der Blattmitte] und „2. Faltmarkierung“ [in der oberen Hälfte des gefalteten Blattes]) zu falten und beim Einlass vorzuzeigen. „Das Ticket berechtigt zum einmaligen Einlass in die Veranstaltung.“ Spontan denke ich: „Spazierengehen im angrenzenden kleinen Park in einer Pause könnte vielleicht schwierig werden ...“ (wurde es dann aber nicht, schon der Raucher wegen).

Mir ist „Parkett rechts, Reihe 4, Platz 32“ zugewiesen worden (ob von der Bühne oder vom Saalende aus zu betrachten, wo ich sonst für gewöhnlich Platz nehme, bleibt offen). Der Platz (ich finde ihn später leicht) gehört allein mir: Er bliebe leer, wenn ich ganz oder in Teilen fernbliebe, wird mir begleitend bedeutet. Das schafft Vertrauen, ich sitze also gleichsam „bei mir selbst“ und muss diesen Ort (stets) mit „Mund-Nase-Bedeckung“ ansteuern, dann erst dürfe ich ablegen. Getagt wird nur im Plenum, die gewohnten Kleinformate („Arbeitskreise“) sind Pandemie-Opfer. Also unterstelle ich im gedanklichen Vorfeld: 1,5 m Abstand, rundherum ... .

 

Ich fahre sehr gespannt gen Dortmund, zum Generalthema „Mietrecht in Zeiten von Corona“, auch wenn sich nur noch ein Beitrag expressis verbis mit COVID-19 befassen wird. Angekündigt war zunächst eine Doppelstunde, diese wurde allerdings aus aktuellem Anlass geteilt, nämlich angesichts der schon kurz nach ihrem Bekanntwerden hoch umstrittenen BGH-Entscheidungen vom 8.7.2020 (BGH, NZM 2020, 704 mit Anm. ZeheleinBGH, NZM 2020, 710) zu den Folgen einer unwirksamen Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den einen minderen Dekorationszustand der Räume bei Mietbeginn akzeptierenden Mieter (dazu der Vortrag Artz, NZM 2020, 769 in diesem Heft). Programmgemäß auf mich zukommen eher die (sehr aktuellen) Facetten der Miete ...

Der „Corona-DMT“ wird keine Eintagsfliege bleiben: Für den 19./20.3.2021 wird der 23. Deutsche Mietgerichtstag das „Hybrid-Format“ weiterverfolgen. Das kündigte Markus Artz zur Verabschiedung der Präsenz- wie der Teilnehmer „an den Empfangsgeräten“ an (rund 200). Wenn etwa 130 Präsenzteilnehmer (statt bisher ca. 420) in den „Goldsaal“ der Westfalenhallen platziert werden und ihre Plätze auch, wie geschehen, diszipliniert einhalten, dann sitzt man mit dem erforderlichen großen Abstand. Und ein Pausenkaffee konnte bequem eingenommen werden, so viel Platz war nie im Foyer.

 

Das neue Tagungsformat bietet in vielerlei Richtung erhebliches) Potenzial: Wenn ein Referent, wie geschehen, kurzfristig unter Corona-Quarantäne gestellt wird, weil ein Familienmitglied Kontakt zu einer infizierten Person hatte, dann ist eine online-Übertragung des Referenten in das Präsenzplenum und an die „Empfangsgeräte“ – die notwendige Technik, die der DMT aufgeboten hatte, vorausgesetzt – ohne Weiteres möglich, es entsteht ein wenig Kinoleinwand-Atmosphäre. Die eröffnete Möglichkeit, online Fragen zu stellen, bewirkte Belebendes: Zu so manchem Referat kam mehr „Chat-Resonanz“ zustande als im Saal. Dabei wurde der fragende bzw. sich äußernde Teilnehmer namentlich benannt, zu manchem stellte sich bei mir persönlich spontan ein „Livebild“ ein (und ich stelle mir angesichts des „Fern-Referats“ vor, wie es wäre, wenn auch die „Live-Chatfrage“ mit Bild ermöglicht würde). Das Formulieren-Können vor dem eigenen Rechner ermuntert ganz offenbar verstärkt, einzelne Chat-Teil-nehmer durchaus auch mehrfach, zur Kommunikation mit einem Referenten, ja sogar zur Nachfrage: In einem Fall kam zu einem Beitrag (an einem der nach jeder Benutzung desinfizierten Saalmikrofone) flugs drauf ein Chathinweis zustande, das war über womöglich hunderte Kilometer ein „Live-Gefühl“ der ganz besonderen Art.

 

Trotz aller Technik-Raffinesse bleibt, und das mag man bedauern, manch vertrauter DMT-Bestandteil notwendig auf der Strecke: Der „Flurfunk“, das in Fachkreisen so eminent wichtige „Hast-du-schon-Gehört/Gelesen“, funktioniert online nicht, der gemeinsame Festabend (mit Kicker-Turnier) ebenso, die zur Debatte einladenden Arbeitskreise auch. Wer nicht reisen mag oder kann oder wer die zusätzlichen Kosten zu sparen wünscht, kann online teilnehmen und, falls die FAO-Bescheinigung erlangt werden soll, auf die eingestreuten elektronischen Signale achten. Dass die Technik nur zweimal kurz versagte, sei verziehen, zumal das Plenum die entstehende Slapstick-Einlage zwischen Moderator und Referent mit „Heiterkeit“ aufnahm. Der Referent spulte gedanklich sogar die online versäumten wenigen Minuten zurück und fasste das „an den Empfangsgeräten“ zu Wissende prägnant zusammen.

 

Fazit: Mir bleibt nur, mit einem „weiter so!“ – besser: „Glück auf!“ – für den DMT 2021 zu schließen.

 

Rechtsanwalt Dr. Andreas Kappus, Frankfurt a. M.